Die Gemeinde Rondeshagen

 

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Geschichte des Stecknitzkanals

Rondeshagen an der Stecknitz

Die Stecknitz, ein Fluss, der ursprünglich im Möllner See-Gebiet ihren Anfang nahm und sich dann nach Lübeck bis zur Trave voranschlängelte, hat auch Rondeshagener Gebiet über 500 Jahre durchflossen. Etwa 50-100 Meter vom heutigen Elbe-Lübeck-Kanal entfernt befinden sich noch Überreste der alten Stecknitz auf Rondeshagener Grund und Boden.

Der Verlauf dieses Flusses ist bis heute ziemlich genau lokalisierbar. Zum Kanal hin gibt es deutliche Abruchkanten, die bis zu 4-6 Meter hoch sind. Daran schließt sich flaches zum Teil sehr sumpfig/mooriges Gelände an. Wandert man an dieser Abrisskannte entlang, verfolgt man den Lauf der frühren Stecknitz, die nur z. T. ins neue Kanalbett integriert ist. Die meisten verbliebenen Flusswindungen sind im Laufe der letzten 110 Jahre verlandet. Doch Rondeshagen hat zwei intakte Flussreste aufzuweisen. An einer Stelle (in Verlängerung des Ringreiterweges) in einer Länge von knapp 300 Metern im Halbbogen und gegenüber dem Ort Kählstorf (Bild und Karte unten).

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Die Stecknitz in Rondeshagen - Ende Ringreiterweg
 
Stechknitz gegenüber von Kählstorf
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Länge dieses Restes etwa 300-350 Meter
 
deutlich erkennbar die 4-6 Meter hohe Abbruchkante
 
Zum Kanal hin gibt es eine deutliche Abruchkannte, die bis zu 4-6 Meter hoch ist. Daran schließt sich flaches zum Teil sehr sumpfig/mooriges Gelände an. Wandert man an dieser Abrisskannte entlang, verfolgt man den Lauf der früheren Stecknitz, die nur z. T. ins neue Kanalbett integriert ist. Die meisten Flusswindungen sind im Laufe der letzten 110 Jahre verlandet oder zugeschüttet.Dieses Teilstück (s.o.) ist ca 300-350 Meter lang, ca 5-8 Meter breit und zwischen 60-80 Zentimeter tief - also schiffbar für Salzprähme..
 
  
Stecknitzverlauf 1827 am Dorf - rechts ^
Es existieren 2 Stechnitz-Reste in Rondeshagen

Die Stecknitz

Dieser stark mäanandernde Fluss wurde zusammen mit der Delvenau ab dem Jahre 1398 zu einer schiffbaren Verbindung von Lüneburg nach Lauenburg an der Elbe. Eigentliches Ziel war vornehmlich Lüneburg und sein Salz, das "weisse Gold" des Mittelalters. Der Stecknitzkanal wurde am 22.07.1398 fertig gestellt. Dieser Kanal verband die zwei o. g. Flüsse und hatte etliche Höhenunterschiede mit einem System von Schleusen zu überwinden und war somit der erste Wasserscheidenkanal Europas [ab jetzt nur Stecknitz benannt].

Die Stecknitz wird im Jahre 1188 als "Cikenize" urkundlich erwähnt, desgleichen im Jahr 1335 als "Stekenitze", 1350 als "Stekenysse", 1457 als "Steckenisse" , ab 1649 als "Stecknitz" - stek = Zusammenfluss, Kanal, also : Gewässer aus Zusammenflüssen). Er diente 350 Jahre lang fast ausschließlich dem Transport des Lüneburger Salzes. Salz war das "weiße Gold" des Mittelalters, da es als einziges Konservierungsmittel für Fisch und Fleisch diente und auch sonst ein wertvolles und gewinnbringendes Handelsgut im gesamten Ostseeraum war und anfänglich tatsächlich mit Gold aufgewogen wurde. Erst danach kamen weitere Transportgüter hinzu (s.u.)

Salz aus Lüneburg

Im gesamten Ostseegebiet waren die Vorkommen äußerst dürftig, was die weißen Körnchen aus Lüneburg so wertvoll machte. (Zwischen 1300 und 1400 entspricht ein einfaches, eingeschossiges Einfamilienhaus in der Stadt einem Gegenwert von einem halben Fass Salz). Bis in das Mittelalter diente Salz als wichtiges Zahlungsmittel und war sogar häufiger Gegenstand von kriegerischen Auseinandersetzungen. Seine grosse Bedeutung als Tauschgut behielt es bis zur Zeit der Industrialisierung, also bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, bei. Es galt lange Zeit als wertvoller Edelstein und bekam daher den Namen "das weisse Gold".

Vom Mittelalter bis ins 16. Jahrhundert stellte die Lüneburger Saline den wichtigsten Salzlieferanten für den ganzen nordeuropäischen Raum dar. Unter dem Markennamen "Travesalz" wurde es von Lübeck aus bis nach Skandinavien, ins Baltikum und nach Russland verschifft. Wann genau die Salzgewinnung in Lüneburg ihren Anfang nahm, ist ungewiss. Urkundlich erwähnt wird sie das erste Mal 956, als König Otto I. den Zoll der Saline dem Lüneburger Michaeliskloster zusprach. Zu diesem Zeitpunkt scheint diese also schon einen nennenswerten Gewinn abgeworfen zu haben. Das Lüneburger Salz ist Siedesalz: Man beförderte die Sole aus dem bis zu 3000 Meter tiefen/mächtigen Salzvorkommen aus den Quellen nach oben, um sie zu verkochen. Lüneburg wurde in dieser Zeit unermesslich reich, aber genauso profiertierte die Hansestadt Lübeck. Salz machte beide Städte groß. Daher war die Salzstraße zwischen ihnen immens wichtig.

Die Stecknitz verband also die Städte Lüneburg und Lübeck wirtschaftlich. Zuerst lud man es in Lüneburg auf größere Ilmenau-"Ever" und fuhr auf ihm 28 km bis Hoopte an der Elbe, von dort 34 km bis nach Lauenburg.

Groß-Bild des Nachbaus [fc-foto:19475970].Quelle: http://www.fotocommunity.de

 

Dort wurde es auf die Stecknitzkähne umgeladen und auf der Delvenau bis ca Mölln gefahren. Dort ging der Kanal in die Stecknitz über, der dem ganzen Kanalsystem den Namen geben sollte.

Der Landweg

Der Transport zu Wasser bedeutete eine ungeheuren Fortschritt, was Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit anging. Der Landweg war zwar kürzer gewesen, jedoch dauerte die die Fahrt mit Pferdefuhrwerken über drei Wochen, in denen die 100 km lange Strecke bewältigt wurde. Pro Fuhrwerk konnten maximal 2 Tonnen Salz befördert werden. Da Salz zu einem Massentransportgut geworden war, litten die Wege zunehmend unter den Fuhrwerken.

  
Mühsamer Landtransport des weißen Goldes
 
Die Wege sind unbefestigt
 

Norddeutschland und der Ostseeraum wurden mit Lüneburger Salz versorgt. Eine stark frequentierte Salzstraße führte von Lüneburg über Artlenburg (Elbfähre), Lauenburg, Schwarzenbek und Mölln nach Lübeck. Von dort aus erfolgte der Vertrieb über See.

Die gut 100 km lange Strecke wurde von schweren, pferdebespannten Lastfuhrwerken (Frachtwagen mit Vierergespann für 1.600 kg = 1 Last) in ca. 20 Tagen bewältigt.

An vielen Stellen wurden schlechte Wegstellen immer wieder umfahren, so dass schließlich mehrere Spuren nebeneinander her liefen. Steilere Anstiege und sumpfige Stellen konnten von den Fuhrwerken oftmals nicht aus eigener Kraft überwunden werden, so dass sie in nahegelegenen Ortschaften weitere Zugtiere zur Unterstützung mieten mussten - selbstverständlich führte das dazu, dass die schlechten Wegstrecken nicht ausgebessert wurden, da die Verleiher ansonsten ihr Einkommen verloren hätten.

Die langsamen Wagen mit den bis zu sechs Zugpferden waren auf den langen Straßen eine eher leichte Beute für Wegelagerer und Raubritter - deswegen schloß man sich zu noch langsameren, aber sicheren Wagenzügen zusammen. Es war kaum möglich, mehr als 10 Kilometer am Tag zurück zu legen. Nicht zuletzt aus diesen Gründen wurde der Handel später hauptsächlich auf die Wasserwege verlegt, galt es doch Milliarden zu verdienen.

Weg zum Reichtum : der Hering

Salz wurde vor allem gebraucht, weil zu der Zeit jedes Jahr ungeheure Heringsschwärme an die Südspitze von Skandinavien kamen, um dort zu laichen um dann von den Lübecker Schonen-Fahrern gefangen zu werden. Eingelagert in zu einem Fünftel mit Salz gefüllten Fässern aus mecklenburgischem und pommerschem Holz, zertifiziert mit dem eingebrannten Siegel der Stadt Lübeck, wurden die Heringstonnen bis Nürnberg und Regensburg gehandelt. Salzheringe waren die wichtigsten Fastenspeise (1/3 des Jahres) im nordeuropäischen Raum, weil die Kirche erklärt hatte, Fisch sei kein Fleisch. Ostsee-Heringe in Salzfässern gelangten im Mittelalter von Lübeck bis nach München; der Bedarf war ungeheuer groß und Lübeck und Lüneburg wurden nicht zuletzt wegen des Salzes dementsprechend reich.

  
Einlegen der Heringe in Fässer
 
Heringsfang in Schonen 1555

Das Salz verliert als Handelsgut seine Bedeutung

Zur Blütezeit im 15. und 16. Jahrhundert, wenn von Januar bis Dezember über 20.000 Tonnen Salz die Saline verließen, machten sich jedes Jahr mehr als 1.000 Schiffe auf den Weg nach Lübeck und zurück. Mit diesen Zahlen war der Handel mit dem Travesalz allerdings schon an seinem Zenit angelangt. Nachdem das in den Meeressalinen der Atlantikküste gewonnene, billigere "Bayensalz" auf den nordeuropäischen Markt gedrängt war, begann im 17. Jahrhundert der allmähliche Rückgang der Produktion. Auch hatte die Reformation den Hering als Fastenspeise der bis dato rein katholischen Bevölkerung Deutschlands mengenmäßig an Bedeutung verlieren lassen; dies ging Hand in Hand mit einem anderen Phänomen : Ab etwa 1500 verminderten sich stetig die Heringsschwärme in der Ostsee, bis sie Mitte des 16. Jahrhunderts fast völlig ausblieben. Mit der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung des Nordseeherings ab dem Ende des 15. Jahrhunderts begann der Abstieg der Hanse/Lübecks. Die Stecknitzfahrer und Salzherren verlegten sich daher zunehmend auf andere Handelsgüter:

 
 

Zu seinen Hochzeiten im 15. Jahrhundert wurden über 3.000 Schiffsladungen mit mehr als 30.000 Tonnen Salz pro Jahr auf dem Kanal bewegt. Diese Zahl reduzierte sich im 17. Jahrhundert auf 160 Schiffe mit 400 bis 600 Ladungen (5.000 bis 7.000 Tonnen). Im Jahr 1789 waren es noch 64 Schiffe mit rund 680 Tonnen Salz. In umgekehrter Richtung transportierten die Stecknitz-Prähme Getreide, Felle, Heringe, Asche, Holz und andere Güter aus Lübeck, die in Lauenburg umgeladen und auf der Elbe gen Hamburg verfrachtet wurden. Später kamen Kohle, Torf, Ziegel, Kalksteine und Kies hinzu. Ihre Mannschaften für die Salzfahrten rekrutierten die lübischen Kaufleute meist in Lauenburg.

1819 wurde, um die abnehmende Nachfrage gerecht zu verteilen, die Reihefahrt eingeführt. (Die Reihefahrt bezeichnet das serielle Abarbeiten von Transport-Aufträgen meistens durch Schiffer und Schiffergilden, häufig in Zeiten schlechter Auftragslage. Durch die Reihefahrt sollten Frachtaufträge gleichmäßig verteilt werden. Es handelt sich also um eine Maßnahme der Regulierung. Angewandt wurde sie zum Beispiel im 19. Jahrhundert auf dem Stecknitz-Kanal) Die Mitglieder des Amtes der Stecknitzfahrer mussten ihre 90 Schiffe durchnumerieren. Transport-Aufträge wurden in der Reihenfolge dieser Nummern vergeben. Außerdem durften nicht mehr als drei Schiffe zur selben Zeit beladen werden, zudem war auf Lübecks Seite die Zahl der Schiffsbesitzer begrenzt. Die Reihefahrt bewährte sich jedoch nicht, so dass sie 1840 wieder aufgehoben wurde. Stattdessen wurden vom lübeckischen Staat Prämien für schnelle Kanalpassagen vergeben. Brauchte ein Schiffer weniger als neun Tage für die Strecke von Lauenburg nach Lübeck, erhielt er für jeden eingesparten Tag 6 Mark. Diese Prämie wurde später wieder abgeschafft.

1845 wird die Vereinigung der Stecknitzfahrer/Salzfahrer in der bisherigen Form aufgelöst und in Flussschiffer umbenannt (weiteres an anderem Ort). 1896 begann dann der Bau und Ausbau des zukünftigen modernen Elbe-Trave-Kanals, der teilweise die alte Trasse des Stecknitz-Kanals benutzte. Dies geschah durch den Lübecker Wasserbaudirektor Peter Rehder, der im Jahr 1900 den modernen Kanal in der heutigen Form vollendete und die Geschichte der Stecknitzfahrt beendete.

Der Stecknitz-Kanal

Im Jahre 1188 verleiht Kaiser Friedrich I. ("Barbarossa") Lübeck besondere Hoheitsrechte über Stecknitz bis zum Möllner See (Barbarossa-Privileg). Bereits im Jahre 1237 ist der Transport von Salz auf der Stecknitz von Lübeck nach Mölln urkundlich belegt. Am 14.06.1390 wurde Vertrag zwischen der Stadt Lübeck und Herzog Erich IV. von Sachsen-Lauenburg über die Anlegung einer Wasserstraße zwischen Elbe und Trave geschlossen

Im Jahre 1392 begannen die Bauarbeiten zum Stecknitzkanal. Dieser bestand im wesentlichen aus einem 11 Kilometer langen Stichkanal („Delvenau-Graben“), der die beiden in Nord-Süd-, beziehungsweise Süd-Nord-Richtung verlaufenden Flüsse Delvenau und Stecknitz verband – reguliert durch ein simples Schleusensystem. Außerdem wurden einige Hindernisse aus den beiden Flüssen entfernt, diese aber ansonsten in ihrem stark mäandrierenden Verlauf belassen. Vom Möllner See waren es Richtung Genin (Lübeck) 225 Schlangenwindungen bei einem Gefälle von ca knapp 6 Metern - in Richtung Lauenburg gab es 273 Biegungen. Insgesamt 17 Stau-Schleusen säumten die 94 Kilometer lange Strecke von Lübeck bis Lauenburg. Diese waren notwendig, um die Höhenunterschiede von mehr als vier Metern beim Überqueren der Wasserscheide vor Mölln zwischen Elbe und Trave auszugleichen.

Die Fahrt kanalabwärts vollzog sich auf einer Welle, die durch Ablassen eines hinter der Stauschleuse angesammleten Wasservorrats erzeugt wurde (Stauzeit bis zu 3 Tage). Obwohl die Stecknitz/Delvenau viele Zuflüsse hatte kam es immer wieder vor, dass den Schiffen beim "Abwärtsfahren" das Wasser unter dem Kiel ausging und sie auf Grund lagen, obwohl die vielen Biegungen das zu schnelle Ablaufen des Wasser verhindern sollte. In einem solchen Fall mussten die Schiffer auf den nächsten Zapfeltag warten, was erheblich zur Fahrtzeitverlängerung beitrug. In Gegenrichtung wurde die Schiffe durch Menschenkraft in mühevoller Arbeit geschleppt - 2 Personen pro Schiff mindestens (s. Treideln / Linientrecker)

Die Schleusen

 
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Der historische Stecknitzkanal mit seinen 17 Schleusen
 
 
  1. Berkenthiner Schleuse (1390)
  2. Kleine Donnerschleuse (Namensgeber ist die Familie Donner - 18. Jh.)
  3. Große Donnerschleuse (seit 1390, hieß auch "Niederschleuse")
  4. Kleine Oberschleuse (vor 1390)
  5. Große Oberschleuse (1614)
  6. Stauschleuse "in der Kehle" (seit 1601)
  7. Hahneburger Kammerschleusen No 1 (seit 1711)
  8. Hahneburger Kammerschleusen No 2 (seit 1711)
  9. Hornbeker bzw. Grambeker Schleuse (1692)
  10. Zienburger Schleuse (bei Güster, 1398)
  11. Seeburger Schleuse (vor 1834)
  12. Siebeneichener Schleuse (1792) [ab 1850 Kammerschleuse]
  13. Büchner Schleuse (vor 1797)
  14. Niebuhr-Schleuse (vormals Behnenschleuse (vor 1551)
  15. Dückerschleuse (Witzeeze, vor 1643)
  16. Palmschleuse (Lauenburg - 1393) [Kesselschleuse]
  17. Frauenweider bzw. Hafenschleuse (vor 1747)
Stauschleusen und Kesselschleuse bzw.Kistenschleuse, Kammerschleuse
   Die Möllner Stauschleuse "in der Kehle" von 1601

Der Stecknitzkanal erstreckte sich also von Lauenburg bis Lübeck über eine Länge von 94 km. Die Entfernung in Luftlinie beträgt jedoch nur 55 km - dieser Unterschied erklärt sich daraus, dass der Kanal weitgehend den gewundenen natürlichen Wasserläufen folgte, die man vorsätzlich nicht begradigte.Der Kanal überwand die Wasserscheide zwischen Nord- und Ostsee, und damit einen Höhenunterschied von 18 m. Er nutzte die Flussläufe der nach Süden fließenden Delvenau, die bei Lauenburg in die Elbe mündet und der nach Norden fließenden Stecknitz, die in die Trave mündet. Zwischen den beiden Flussläufen wurde der 11,5 km lange Kanal per Hand gegraben. Ursprünglich existierten im Verlauf des Kanals die o. g. siebzehn Schleusen. 14 waren eintorige Stauschleusen. Das Wasser wurde hinter einem Wehr/Schleusentor gestaut; ein Wasserschwall ergoss sich bei plötzlicher Öffnung in das fast trockene Fluss-/Kanalbett unterhalb der Schleuse, wenn dieses geöffnet wurde. Pure Wassserverschwendung. "Die wasserwirtschaftlichen Vorteile einer Kammerschleuse gegenüber der Stauschleuse ergaben sich aus der deutlich geringeren Wasserabgabe an das Unterwasser und dem entfallenden notwendigen Wiederaufstau im Oberwasser. Aus demselben Grund sind häufigere Schleusungen möglich, so dass bei der Kammerschleuse davon ausgegangen werden darf, dass eine Schleusung dann erfolgt, wenn ein Schiff die Schleuse erreicht. Dieses dürfte an der Stecknitzfahrt aufgrund der Zeitersparnis ein beachtlicher ökonomischer Vorteil gegenüber der Stauschleuse gewesen sein. " [Wellbrock, S. 18]

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Modell einer der 16 Stauschleusen mit einem Schleusentor

Dies geschah an den festgelegten drei Tagen/Woche "Zapfeltagen", die eingerichtet wurden, damit genügend Wasser nachlaufen konnte (alle 48 Stunden). Dann "ritten" die Kähne auf der Flutwelle talwärts bis zur nächsten (Stau)Schleuse, wo sie dann wieder warten mussten. Die fast 300 Flussbiegungen ließen dabei das Wasser langsamer fliessen, deswegen wurden diese erst mit dem Bau des Elbetravekanal 1896-1900 begradigt, da der Kanal in ganzer Länge mit Kastenschleusen ausgestattet wurde. Die Karte aus dem Jahr 1896 zeigt die wasserbaulichen Unterschiede der beiden Kanäle (Stecknitzverlauf = blau , Elbe-Trave-Kanal = rot)

 
 

Beim Bau des Kanals waren also die Flusswindungen, insgesamt 272 zwischen Lübeck und Lauenburg, weitgehend belassen worden, weil das abfließende Wasser dadurch verlangsamt wurde und die Salzschiffe somit immer genügend Wassertiefe hatten. Das Anstauen dauerte jeweils zwei bis drei Tage, die Gesamtfahrzeit Lübeck-Lauenburg betrug je nach Wasserstand dann bis zu 20 Tage.

Stauschleusen hatten allerdings noch eine weitere unangenehme Eigenschaft: Die Stauwelle wirbelt beim Öffnen den Kanalgrund auf , nagen am Ufer und reissen besonders in den vielen Krümmungen und Flusswindungen Uferstücke und Erdbrocken mit und verschlammen damit das Kanalbett, das jedes Jahr mühsam per Hand ausgebaggert werden muss (Flusschiffer, Schleusenmeister und Linientrecker). Die Wirkung des beim Öffnen der Stauschleusen abfließenden Wassers auf die unterwasserseitigen Ufer und Sohle lässt sich anhand folgender Bemerkung ermessen:„Vor der Schleuse liegt ein nicht unbeträchtlicher Teich, welcher sich von Jahr zu Jahr durch Wellenschlag vergrößert.“[Behrens] Das Kanalbett muss entkrautet werden, allerdings mit Augenmaß, denn es hemmt einerseits das Schiff im Vortrieb und beim Treideln. Andererseits bewirkt zuviel entferntes Kraut , dass das Kanalbett nicht mehr verfestigt ist und Schlick vorwärts geschwemmt wird.

Durch die schwallartige Entleerung der Schleuse wurden häufig auch die flachliegenden Wiesen überspült und waren landwirtschaftlich schlecht nutzbar (vom Treideln ganz zu schweigen)

 
 
 
Tore auf und die Schiffe gleiten die Stecknitz abwärts auf der "Welle"
 
   

Die Stauschleusen auf der Stecknitz, oberhalb welchen der Strom 8 Fuß, und unterhalb 4 Fuß tief liegt, die daher einen Fall von 4 Fuß haben, werden wöchentlich dreymal gebraucht, um mehrere Schiffe zugleich durchzulassen. Dieses Manöver erschwert die Schifffahrt, indem es zu viel Wasser gebraucht, so daß die Schiffe in einigen Wochen nur den Weg von 7 Meilen zurück legen, es bleibt daher auf der Stecknitz die Anlage der Kammerschleusen wünschenswert [Quelle]

Der aufwändigere Schleusentyp ist der Kammerschleuse [Kastenschleuse, Kesselschleuse] wie die einzige ihrer Art in Lauenburg ("Palmschleuse", zwei Hahnenburger Kammerschleusen). Sei besteht aus der Schleusenkammer mit zwei Schleusentoren, von denen nie mehr als eine gleichzeitig geöffnet ist. Bei geschlossenen Schleusentoren lässt sich der Wasserspiegel in der Schleusenkammer und damit in der Schleusenkammer schwimmende Schiffe durch Wasserzulauf auf das Niveau des Oberwassers heben oder durch Ablauf auf das des Unterwassers senken. Ist der jeweilige Wasserspiegel erreicht, so wird das abgrenzende Schleusentor geöffnet und Schiffe können aus der Schleusenkammer in das angrenzende Gewässer fahren oder aus diesem hinein. Für Zu- und Ablauf sind keine Pumpen nötig; das Wasser fließt beim Heben aus der höher gelegenen Haltung (Oberwasser) in die leere Schleusenkammer und beim Senken aus der Schleusenkammer in das Unterwasser ab.

Stauschleuse-01   Stauschleuse-02
Kammerschleuse, Oberwasser-Niveau
 
Kammerschleuse, Unterwasser-Niveau
     
 
Kammerschleuse am Kanal in Lauenburg
 

Link : Graphik mit Vergleich der Wirkungsweisen von Stauschleusen und Kammerschleusen

Allerdings gab es immer wieder Verzögerungen, denn flussaufwärstfahrende Schiffe mussten gegen den Strom gezogen werden. Dies taten die sogenannten Linienzieher (Linientrecker), die gegen Entgelt dies auf den sog. Trillwegen am Ufer taten. Dies war eine mühsame, nicht immer gut bezahlte Tätigkeit, die durch die Bewohner der anliegenden Dörfer wie z.B. in Krummesse und Berkenthin ausgeführt wurde. Über den angemessenen Engelt gab es immer wieder Streit und z. T. auch versteckte Streiks, indem man zuwenig "Personal" zur Verfügung stellte. Das führte zu Verminderung des Warenverkehrs und zu Verlusten der Stecknitzfahrer, außerdem wurde das reibungslose Schleusen an den "Zapfeltagen" durcheinander gebracht bis nichts mehr lief. In seiner Schrift in den Blättern "Lauenburgische Heimat" schreibt Ekkehardt Buchhofer ("Linienzieher an der Stecknitz") über die Krummesser wie folgt :

Linienzieher Krummesse
Um die beiden Dokumente über die Linientrecker in Krummesse lesen zu können : Klicken Sie hier

Die ersten Salzkähne, die sog. Stecknitzprahme wurden zunächst nur bergwärts, nach Bau der Kammerschleusen auch talwärts von Menschen oder Tieren getreidelt, also an langen Leinen gezogen. Da der Kanal teilweise nur 85 cm tief war, durften die Prahme nur diesen sehr geringen Tiefgang haben.

Spätere Schiffsformen wie der Budenkahn und der Stecknitzkahn des 19. Jahrhunderts besaßen eine Takelage, um bei genügend Wind vollständig ohne Treideln und Staaken bewegt werden zu können, und zudem höhere Bordwände. Die Takelage dürfte abnehmbar oder einklappbar gewesen sein, da jetzt vorhandene Brücken die Schiffshöhe begrenzten.

Die Dückerschleuse bei Witzeeze , die zu den ältesten Europas zählt, blieb bis heute erhalten. Sie war eine sogenannte Stauschleuse gewesen, das heißt, die Schiffer und Kahnfahrer mussten stets solange warten, bis das talwärts fließende Wasser sich bis zu einer schiffbaren Höhe angestaut hatte. Und das konnte oft tagelang dauern. Schon früh hatten die Schleusenwärter die Gunst der Stunde erkannt und nebenbei eine Schankwirtschaft eingerichtet. Zudem hatten sie die Funktion eines Zollfahnders ausgeübt. Sie hatten nämlich darauf zu achten, dass die Stecknitzfahrer kein Schmuggelgut beförderten. Wurden sie dennoch dabei ertappt, mussten sie das Zehnfache des geschmuggelten Warenwertes an Strafe zahlen. Sie durften ihre Fahrt erst dann fortsetzen, wenn sie diese Strafgebühr entrichtet hatten. Hatten sie kein Geld bei sich oder konnten sie es in angemessener Zeit nicht beschaffen, mussten sie den entsprechenden Betrag durch Arbeit auf dem Schleusenhof, zu dem auch eine kleine Landwirtschaft gehörte, entgehen. Manch ein Lübecker Kaufmann mag daher über Gebühr lange auf seine Fracht gewartet haben.
Schon bald sollte den Schleusenwirten noch eine andere Einnahmequelle zufließen — von Reisenden nämlich, die die Passage über den Stecknitz-Kanal nutzten, um nach Mecklenburg zu gelangen. Dabei allerdings mussten sie das Privatgrundstück der Burmesters überqueren, die hier seit eh und je Schleusenwache gehalten haben. „Entweder du givvst’n Taler, oder du kehrst üml “ pflegten sie den Reisenden dann nahezulegen, und kaum einer wird unter ihnen gewesen sein, der diesen Passagetaler nicht gezahlt hätte. Auch auf diese Weise verdiente man sich seinerzeit neben dem Bierausschank und der Zimmervermietung noch manch einen Groschen dazu. Mit dem 92 Jahre alten Fritz Burmester wurde 1899 der letzte Wärter an der Dückerschleuse verabschiedet. Geblieben aber ist die alte Schankwirtschaft. (Hinzugefügt am 29.01.2020)

1751 wurde am 5. März das sogenannte Provinzial=Regelement erlassen, das genau beschrieb, was alles an den Ufern der Delvenau-Stecknitz beachtet werden musste, dass die anliegenden Dörfer die Treidelwege ("Trillwege") in Ordnung zu halten hatten, wieviel Abstand das Vieh vom Kanal zu halten hatte usw. usw. Diese etwa zehnseitige Druckschrift endete mit einem Bussgeldkatalog ("Tara"), die Währung waren Reichsthaler ("Rthl") und Schillinge ("shl"). "Duplum" bedeutet das Doppelte, "Stegels" sind Stege, eine "Landdrost" ist ein Beamter, der für einen definierten Verwaltungsbezirk in militärischer, jurisdiktioneller und polizeilicher Beziehung die Stelle des Landesherrn vertrat. Im Tara-Katalog heißt es :

 

Das Stecknitzschiff

Bevor der Kanal angelegt wurde, musste das aus Lüneburg kommende Salz in Lauenburg ja auf Wagen umgeladen werden, um ab Mölln erneut mit Booten transportiert zu werden. Der Kanal beschleunigte den Transport des für den Lübecker Außenhandel so wichtigen Lüneburger Salzes enorm. Nur noch etwa drei Wochen lang war das ,,weiße Gold" in den sogenannten Prähmen, damals rund zehn Meter langen und drei Meter breiten Kähnen, unterwegs.

Brücken über den Stecknitzkanal für Pferdefuhrwerke existierten bis zum 19. Jahrhundert nicht, ledglich Furten wie z.B. an der Donnerschleuse oder bei Bröthen bei Büchen [Brotne (slawisch=Furt)] sowie Fußgängerbrücken (Ober- und Niederbüssau, Genin, Kronsforde, Krummesse und Berkenthin).

   
     

Bei Niedrigwasser konnte man die Furten bequem durchwaten bzw. mit dem Pferdegespann durchfahren konnte. Allerdings gab es dabei hin und wieder ein Unglück, das auch tödlich ausgehen kommte, wie das bei der Donnerschleuse:

 
 
 
 

 

 
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Stecknitzprahm 1890 bei Mölln mit Spriet-Segel
 
 
 
 

Aus der Schrift von Weltmann: „Beiträge zur Schiffbarmachung der „Flüsse. Hamburg, 1826, bei Herold." sieht man, welche Canal- und Flufsfahrzeuge für die Stecknitz fahrt zwischen Lauenburg und Lübeck, so wie auf der Alster zu Hamburg u. s. w. im Gebrauch sind.
Die Stecknitzschiffe sind von Holz, 64 F. lang, 14 F. breit, also 4 ¼ mal so lang als breit, gehen 2 ½  F. tief, können 10 Last laden, sind oben offen, haben Mast und Segel, welche die Schiffer nach der Richtung des Windes leicht dichten und lösen können. Es giebt einige 40 solcher Barken, welche die Stecknitz befahren. Die Lübeckschen Stecknitzschiffer haben die Gerechtsame der ganzen Schiffahrt, bilden eine eigene Gilde und leben im Sommer mit ihren ganzen Familien auf dem Wasser. Die Stecknitzschiffe werden von Menschen gezogen, die in den angrenzenden Dörfern wohnen und mit zur Schiffergilde gehören. 8 Mann ziehen 4 hintereinander gekuppelte Schiffe, die bei voller Ladung, für jedes von 10 Last, zusammen 40 Last tragen, so dars also ein Mann durchschnittlich 5 Last zieht. Wegen des sparsamen Wassers dürfen aber die Schiffe, nach einer Verordnung der damaligen Hannöverschen Regierung, jedes nur 6 Last laden; was indessen nur in wasserarmen, dürren Sommern befolgt wird. In diesem Falle ziehen die 8 Mann in 4 Barken nur 24 Last, also ein Mann durchschnittlich 3 Last
.

 
  Maße des Stecknitzschiffes 1826 : 1 Last = 2 Tonnen, Länge 64 Fuß = ca. 20,5 Meter , Breite 14 Fuß = ca 4,50 Meter, Tiefgang 2,5 Fuß =0,8 Meter  
Der Transport zu Wasser auf der Stecknitz ist auch sehr beträchtlich, könnte aber noch weit mehr eintragen, wenn die Stecknitz etwas mehr vertieft würde, so daß die dortigen flachen Fahrzeuge, welche bei 64 Fuß Länge, 12 Fuß Breite und 4 Fuß Bord, nur 2 bis 2 1/2Fuß Fahrwasser bedürfen, im Sommer, aus Mangel an Wasser, nicht so langsam sich sortbewegen dürften, wiewohl sie nicht mehr, als 6 bis 7 Lasten (5 4000 Pfd.) laden. Jndeß sind andere Sachkenner (deren Ansichten ich nur erbat) der Meinung, daß der Stecknitz,-Kanal nicht bloß vertieft, sondern auch anders geleitet werden, mithin eine andere, minder fehlerhafte Richtung erhalten müsse, als die bisherige war. Die königliche Regierung zu Kopenhagen hat deßhalb attch schon Unterhandlungen mit der Stadt Lübeck angeknüpft; allein diese Veränderung des Stecknitzer Kanals würde große Kosten verurfachen, da selbst die Grundbesitzer entschädiget werden müßten, durch deren Grundeigenthum der neue Kanal zu führen wäre. Auch durften mehrere und größere Schkeusen zu erbauen feyn, wenn der Zweck wirklich erreicht werden soll, Waarentransporte auf der Stecknitz schneiler und wohlfeiler, als bisher, von Lübeck nach Hamburg hin zu befördern. Zugleich müßte dann auch die Einschränkung wegfallen, daß auf der Stecknitz, von Lübeck an bis nach Möllen hin, nur 28 Schiffer fahren dürfen, die von dem Salzführer -Collegium zu Lübeck abhängen. Von Möllen an bis nach Lauenburg fallt diefe zweckwidrige Beschränkung schon jetzt weg. Jndeß hat jeder Lübecker Schiffer 3 bis 4, und zuweilen noch mehr solcher Schiffchen, so, daß doch im Ganzen gegen 550 Fahrzeuge auf der Stecknitz jährlich in Bewegung sind. Jm Herbst und im Frühjahr, wo die dortigen Heerstraßen (in den Marschgegenden) aus Mangel an Chausseen fast unergründlich sind, müßte diefe Wasserfahrt doch den Transport der Waaren fehr erleichtern, so wie überhaupt den Speditionshandel zwischen Lübeck und der Elbe, der dem Lande so sehr vortheilhaft ist, ungemein begünstigen, wenn nämlich die Stecknitz etwas mehr vertieft und anders geleitet würde.  
 
Wir lesen, dass die Prähme flussaufwärts von Lübeck Richtung Mölln von Menschen gezogen/getreidelt werden. Die sogenannten Linientrecker (Leinenzieher) werden von den Dörfern Genin, Krummesse und Berkenthin gestellt. Nur in Ausnahmefällen (bei starkem Gegenstrom kamen auch Pferde zum Einsatz, was jedoch die Uferwege stark in Mitleidenschaft zog und daher nicht gern gesehen war. Die Asubesserung oblag den Schleusenwärtern und den Treidelgemeinden.
 
    
    
    
 
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Anhang an einer Quelle über die Bezahlung von Linienziehern aus Berkenthin
am 29.01.2020
 
 
 

"Ein bedeutender Nebenerwerb der lübschen und lauenburgischen Krummesser Kätner war das Treideln, also das Ziehen der Stecknitzkähne per Mann. Diese wurden als Linienzieher (Linentrecker) bezeichnet, weil sie de Linen, Plattdeutsch für Leinen, zogen. Sie kamen überall dort zum Einsatz, wo die Strömung der Stecknitz ein Staken gegen die Strömung unmöglich machte. Die einzelnen Ortschaften an der Stecknitz hatten ihre jeweiligen Abschnitte, für die sie tätig waren. Die Treidelpflicht bzw. das Treidelprivileg war mit der Hofstelle verbunden."

Die Linienzieher hatten ihren kleinen Grundbesitz meist unmittelbar an der Stecknitz, womit auch die geringe Anzahl an Vollhufnern im lübschen Anteil von Krummesse zu erklären ist. So gab es dort 1673 nur einen Hufner, dagegen fünf Großkätner und neun Kleinkätner. Es gab 12 lübsche und 6 lauenburgische Linienzieherhofstellen. Mit jedem Hof waren zwei Linienzieherstellen verbunden (= 36), die aber auch übertragbar waren.

Die Krummesser Linienzieher waren privilegiert für den Abschnitt vom Oberwasserbaum in Lübeck nach Krummesse und weiter von Krummesse bis zur Berkenthiner Schleuse. Es war eine sehr anstrengende Arbeit, da sie anfänglich zum Teil im Wasser vorgenommen werden musste. Bei den sehr unvollkommenen Stauschleusen trat nämlich das Wasser durch das Aufstauen an einigen Stellen über die Ufer, bis diesem Missstand durch Dämme einigermaßen abgeholfen wurde.

Der Lohn für die Treidler bzw. für das zu treidelnde Schiff war festgesetzt. Wenn die Schiffe aber überladen waren, forderten die Treidler Zuschlag bzw. verweigerten den Transport, was oft zu Streitereien führte. Denn durch die Privilegierung konnten sich die Schiffer auch nicht einfach Ersatzzieher besorgen. Im Normalfall mussten die Schiffer am Vortag bis spätestens fünf Uhr abends beim lübschen Bauernvogten ihre Schiffe anmelden, damit dieser für den nächsten Tag die entsprechende Anzahl an Männern am Baum bereit stellen konnte. Waren nicht genug Krummesser verfügbar, durften die Schiffer auch andere Männern anwerben.

Überladung war ein häufiger Grund, der dazu führte, dass die Linienzieher sich weigerten einen Kahn zu treideln. So wurde beispielsweise im März 1742 ein Ortstermin an der Krummesser Brücke vereinbart, um festzustellen, ob die Schiffe tatsächlich überladen waren, oder ob nicht, wie es die Stecknitzschiffer behaupteten, und teilweise nur Alte und Kinder zum Treideln bereit gestanden hätten. Tatsächlich fehlten an einigen Schiffen die Pegelmarken, die anzeigen sollten, ob ein Schiff überladen war. Die Schiffer gaben an, diese seien durch unvorsichtiges Treideln der Linienzieher abgestoßen worden. So konnte zunächst keine Entscheidung getroffen werden. Die Schiffer wurden aber später unter Strafe verpflichtet, auf die Pegelmarken zu achten. Urteil s. AHL ASA Int.. Nr. 29667

Die Prähme waren anfangs bis zu 12 Meter lang, 2,5 Meter breit und hatten, wenn sie beladen waren, einen Tiefgang von 40 Zentimetern. Ab 1823 betrug die Länge der Stecknitzkähne 19 Meter, ab 1845 bis zu 23 Meter. Ihre Tragfähigkeit lag zwischen zehn und dreißig Tonnen.

Die Stecknitzfahrer, womit immer die Schiffer gemeint sind, die gleich einer Gilde im Amt der Stecknitzfahrer organisiert waren, hatten auf dem Krummesser Friedhof ihren eigenen Begräbnisbereich, mit sogenannten Cooperationsgräbern. Dieser Bereich war durch Steine, die mit dem Stecknitzfahrerkreuz versehen waren, begrenzt. Noch Anfang der 1930er Jahre war einer der Steine vorhanden, daneben stand das Grabkreuz des Flussschiffers Johann Gottfried Stallbaum (*1798; † 1856) Leider sind heute weder Stein noch Kreuz mehr vorhanden. Aber die Stecknitzfahrer nutzten den Begräbnisplatz auch schon lange davor. So ließ z.B. Hinrich Grabawer, ein Stecknitzfahrer aus Lübeck,  1693 seinen kleinen Sohn von dreieinhalb Jahren hier begraben und der Stecknitzfahrer Thomas Hainatz, der plötzlich gestorben war, wurde hier im selben Jahr bestattet (weitere Stecknitzfahrer die hier begrabe wurden:  † 1712 Paul Westphäling, † 1713 Claus Willms, ).

Der Kanal war am Sonntag durch einen Wasserbaum gesperrt. So kamen die Stecknitzfahrer verkehrsbedingt auch oft sonntags in Krummesse zu liegen und hatten als gute Christen den Gottesdienst zu besuchen. Deshalb hatten sie in der Kirche ihr eigenes Gestühl (s. Schild oben). Als Nutzer der Kirche waren sie dieser auch verpflichtet. So gab das Amt der Stecknitzfahrer, die Gilde in der die Schiffer organisiert waren,  jährlich 4 Mark und 8 Schilling an die Krummesser Kirche für Altarlichter. Da sie auch den Friedhof nutzten, waren sie selbstredend auch an Unterhaltung der Friedhofseinfriedigung beteiligt. Als es 1844 zur Auflösung des Stecknitzfahreramtes kam, übernahm der Lübecker Staat diese Verpflichtungen (s.a. Schreiben Pastor Hintze 1878/79)."

QUELLE : https://www.crummesse.com/kanal

 

 

 

 

 

 
________Abmessungen der Salzprahme und -kähne 1398 - 1898
 
 

Quelle :

Kai Wellbrock

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Modell eines sogenannten Budenkahns zwischen 1527-1828
 
 

Die neue Ladungsordnung vom 05.02.1828 erlaubt folgende Maße : Länge 19,00 Meter, Bodenbreite 3,50 Meter, Tiefgang bei voller Ladung 0,60 Meter. Dies wurde durch den Ausbau des Delvenauabschnitts von 1821 - 1823 möglich. Damit erhöhte sich die Tragfähigkeit auf 20 Tonnen.

In der Polizeiordnung vom 11.02.1846 (nach der Auflösung des Amts der Stecknitzfahrer 1845) gilt die folgende Reglung für die "Flussschiffer-Kähne) : max. Breite 4,31 Meter, max. Höhe 2,59 Meter

Stecknitzschiffe, die nur auf der Elbe und auf der Trave ab 1845 fahren, dürfen folgende Höchstmaße haben : Länge 23 Meter, Breite 4,31 Meter, Tiefgang 0,67 - 0,77 Meter, Tragfähigkeit 35 Tonnen (in der 2. Jahrhunderthälfte bis zu 75 Tonnen) siehe Bild unten

 
    
 
Großer 35-Tonner im Lübecker Hafen nach 1900