Das "Amt der Stecknitzfahrer"
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Im Jahre 1390 schloss Lübeck mit dem Herzog von Sachsen-Lauenburg einen Vertrag, dass sie gemeinsam einen Kanal von Lübeck bis zur Elbe bauen wollten. Dadurch konnte das wertvolle Lüneburger Salz sicherer und billiger herangebracht werden. Es wurde vor allem gebraucht, weil zu der Zeit jedes Jahr ungeheure Heringsschwärme an die Südspitze von Skandinavien, nach Schonen, kamen, um dort zu laichen. Salzheringe waren aber die wichtigste Fastenspeise sowohl in Skandinavien, Russland und Deutschland, weil die Kirche erklärt hatte, Fisch sei kein Fleisch.
Sehr schnell hatte eine kleine Gruppe von Lübecker Kaufleuten, die sogenannten "Salzherren", es verstanden, sich das alleinige Recht zur Schifffahrt zu sichern. Ihre Knechte, die die Kähne fuhren, schafften allerdings häufig den sozialen Aufstieg, wurden selbst Schiffseigner und gründeten das noch heute bestehende "Amt der Stecknitzfahrer", eine Interessensgemeinschaft in Form einer Gilde. x
Gilde-Emblem der Stecknitzfahrer - Kirchenfenster in Groß Grönau |
Um 1424 wird sie in einer Quelle als "broderschop der stecknissevarer" benannt; sie hatte sich die heilige Maria Magdalena zu ihrer Schutzpatronin erkoren, der sie im Lübecker Dom ja auch den Maria-Magdalenen-Altar (1422) gestiftet hatte
Von den Stecknitzfahrrn gestiftetes "Teufelsgitter" mit der Inschrift: DORCH DER STEKENSFARER MILDIGHEIT DIT SCHRANKWARCK HIR VM M( STEIT 1572 * REN. 1777 u. 1885 *. | Maria-Magdalena-Altar der Stecknitzfahrer im Dom von 1422 |
Darunter stehen fünf niederdeutsche Sprüche und zwei Wappen mit den gekreuzten Haken und Staken. Der damalige Pastor Joachim Holtmann schrieb in sein Merkbuch: „Anno 1572 hebben de stekendefarer dat stackeith umb Moisen maken later hefft de predickstoll do ersten ein anseinth kregen, kostet fast in den 100 mr. Lub." Dieses ineinander verschlungenen Eisenstäben, ohne erkennbare Schweißstellen kunstvoll geschmiedete Gitter konnte der Sage nach nur vom Teufel gemacht sein.
Das kunstvoll geschmiedete Teufelsgitter |
Der 1654 gestiftete 12-armige Kronleuchter im Dom |
Der reichgegliederte Leuchter wird nach oben abgeschlossen durch eine Doppelstatuette der heiligen Maria Magdalena. Nach unten endigt er in eine großen Kugel, die mit einem Fruchtzapfen abschließt. Die Kugel trägt auf einer angeschraubten Platte zweimal das Wappen mit den gekreuzten Haken und Staken. Darunter eingraviert in drei umlaufenden Zeilen : „ANNO . 1654: DEN . 26. APRIL . HABEN . DIE . SEMPTLICHEN . STEKENFA * DIESE . KRON. ZV . EWIGER . GEDECHTNIS . VOREHRET . VND). SINT . ELTESTEN, * BALTZER . PASSEFAL . BERENT . MARTENS"
Am Leuchter : Statuette der Maria Magdalena |
Verzierung : nixenartige Engel |
Stecknitzfahrer-Wappen mit den gekreuzten Haken und Staken, unten umlaufend die oben erwähnte Inschrift |
Das Wappen |
Rückseite links des Maria Magdalena-Altars von 1422 - oben das Stecknitz- Wappen |
Rückseite rechts des Maria Magdalena-Altars von 1422 - oben das Stecknitz-Wappen |
Ihre Einkünfte müssen schon recht bedeutend gewesen sein. Dies zeigt sich auch in weiteren Stiftungen, die sie nicht nur ihrer heimatlichen Kirche in Lübeck, sondern auch den anderen, den „Kanal-Kirchen", machten. Dies sind die sieben an ihrem Weg zwischen Lübeck und Lauenburg gelegenen Kirchen von Krummesse, Berkenthin, Nusse, Mölln, Siebeneichen, Witzeeze, Büchen und Lauenburg.
"Bei alledem könnte man meinen, die Stecknitzfahrer seien eine gottesfürchtige, mildtätige Gesellschaft gewesen; doch dem war nicht so. Der bruderschaftliche Zusammenschluss war einfach eir Gepflogenheit der damaligen Zeit. Man brauchte ihn, um sich bei den übergeordneten Stellen Gehör zu verschaffen, aber auch der Geselligkeit wegen, nicht zuletzt auch, um durch kirchliche Anerkennung und kirchliche Handlungen das persönliche Seelenheil zu fördern.. Im übrigen nutzten sie ihren festen Zusammenhalt, um ihren Arbeitgebern, den Salzherren - auch Salzführern genannt - höhere Löhne abzutrotzen und ihr Monopol der Stecknitzfahrt zu verteidigen. Obgleich die Salzherren natürlich das Recht hatten, neue Leute unter Vertrag zu nehmen, erzwangen sich die Stecknitzfahrer ein Mitspracherecht bei Neueinstellungen. Dies führte dazu, dass nur ihnen genehme Leute, meist Familienangehörige, angenommen wurden. Das stärkte den Zusammenhalt natürlich noch mehr-, sogar ein Eintrittsgeld ließen sie sich von neu hinzukommenden Leuten bezahlen
Die Salzherren bezahlten ihre Knechte für jedes Schiff und jede Reise. Davon mussten außer der Unterhaltung der eigenen Schiffsutensilien auch alle unterwegs entstehenden Unkosten, wi Schleusengeld und der Lohn für Hilfskräfte, bezahlt werden.
Für die Zeit um 1540 ist folgendes belegt: 75 bis 80 Stecknitzfahrer führten etwa 220 Schiffe. Durchschnittlich hatte also jeder drei Schiffe zu führen. Der Lohn für die Sommerreise eines Salzschiffes vo Lauenburg nach Lübeck betrug 4 Mark.. 1569 waren es schon 5 Mark 4 Schillinge, und bis 1635 hatte er sich auf 19 Mark erhöht. War dieses auch im wesentlichen auf die damalige allgemeine Geldwertung zurückzuführen, so zahlten doch die Salzherren nicht freiwillig. Die meisten Lohnerhöhungen wurden er. durch Streiks erreicht, wie sie für die Jahre 1554, 1556, 1593 und 1594 verbürgt sind. Das ging so wei dass die Fracht einfach an Land abgesetzt und auf eigene Rechnung Holz gefahren wurde.
Zu einem großen Lohnstreit zwischen den Salzherren (Salzführern) und ihren Knechten kam es ir Jahre 1557. Nur durch Vermittlung des Rates der Stadt Lübeck konnte eine Entlassung der gesamte Stecknitzfahrer vermieden werden. In dem diesbezüglichen Vertrag heißt es: „Weil die Knechte sich gegen ihre Herren mutwillig aufgelehnt und zusammen verbunden und ihre Herren über alle Billigkeit beschwert und bedrängt haben, so haben die Salzführer gute Fuge und Recht gehabt, sich mit anderen gehorsamen Knechten zu versehen. Sie haben aber auf Fürbitte der vom Rat bestellten Unterhändler sie noch diesmal in ihrem Dienst belassen, doch unter der Voraussetzung, dass sie sich fortab gut betragen. Werden aber fernerhin Knechte ungebührlich und mutwillig befunden, so sollen die Salzführer Macht haben, sie von den Schiffen zu entsetzen und andere an ihrer Stelle anzunehmen.
Dass es sich bei den Stecknitzfahrern, zu deren Berufsausübung keine besonderen Kenntnisse, sor dem nur körperliche Kraft notwendig waren, um recht raue Burschen handelte, die auch untereinader nicht zimperlich waren. wenn es um die Einhaltung ihrer Kampfmaßnahmen ging, geht auch aus einer Klageschrift der Salzführer vom Januar 1575 hervor : "Die Unschuldigen strafen sie. Buben und Verbrecher schützt man bei ihrem Mutwillen. Einer armen Stecknitzfahrerwitwe, die im vergangenen Sommer, zur sleben Zeit, als sie sich gegen uns verbunden und nicht fahren wollten, mit zwei leeren Schiffen nach Lauenburg gegangen ist, haben sie darum eine Tonne Bier als Strafe abgenommen. Die aber, die damals des Kaufmanns Gut eingeladen haben und hier liegen geblieben sind oder die Waren unterwegs längs der Stecknitz an Land gesetzt haben, mit unsern Schiffen eine Weile Holz für eigene Rechnung gefahren und dann nach 4 oder 6 Wochen endlich das Gut wieder aufgenommen und weiterbefördert haben, die das ganze Jahr hindurch kaum 2 Reisen für ihre Herren gemacht haben, das sind ihre besten Freunde. Es liegt nicht an den Salzführern, wenn die Stecknitzfahrer nichts vor sich bringen, sondern allein an ihrer Gesellschaft. Wenn sie zusammen kommen, dann geschieht es mit Fressen und Saufen. Dazu schazt einer dem andern das Geld ab. So verbringen sie ihren Verdienst, dass keiner von Ihnen auf einen grünen Zweig kommen kann.
Sie haben kürzlich ein neues Statut unter sich aufgerichtet, dass jeder neue Stecknitzfahrer, ehe er von ihnen zugelassen wird, 24 Mark an ihre Gesellschaft bezahlen muss, wovon sie die Hälfte vertrinken, die andere angeblich in ihre Armenbüchse tun. Sie streben danach, überhaupt keine fremden Stecknitzknechte mehr zulassen und sich die Fahrt eigen zu machen. . Es ist also erkennbar, dass die offiziell als Korporation immer noch nicht bestätigten Stecknitzfahrer inoffiziell doch anerkannt wurden. Die Verhandlungen fanden immer mit den Älterleuten als Vertretern der gesamten Stecknitzfahrer statt. Schon 1563 hatten sie in der Hartengrube ein Haus erworben, das zum Amtshaus hergerichtet wurde. Es gelang ihnen sogar, für dieses Haus die Schankerlaubnis zu erlangen. So konnten hier Versammlungen und andere Zusammenkünfte stattfinden. Eine Hausordnung wurde aufgestellt, „wonach sich ein Jeder zu richten in dieser Gesellschaft oder Bruderschaft" . Aber erst 1630 erhielten sie vom Rat der Stadt Lübeck die lang ersehnte Zunftrolle, die dann 1635 noch einmal neu geordnet wurde.
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Ehemaliges Haus des Amtes der Stecknitzfahrer in Lübeck, Hartengrube 25 |
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Zwei Plastiken von Stecknitzfahrern über dem Hauseingang |
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Januar 2017 : Das Haus hat einen neuen Besitzer. Dieser führt das Haus einem neuen Verwendungszweck zu |
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Am 11.11. wurden die beiden Stecknitzfahrer Figuren, am Alten Stecknitzfahrer Amtshaus, in der Hartengrube , feierlich enthüllt. Den "Jungen Stecknitzfahrer" enthüllte Margrit Cuwie, eine direkte Nachfahrin des Schöpfers der beiden Figuren Wilhelm-Christian Cuwie (1846-1931),der "Alte Stecknitzfahrer", nun mit "Kopf". wurde von dem Ältermann der Stecknitzfahrer , Hartmut Haase, enthüllt. Anschliessend wurde den Zuschauern, mit zwei original Zinnkrügen der Stecknitzfahrer, zugeprostet und auf die Figuren angestossen. Mit dabei der Künstler Sven Schöning, der die beiden Figuren nach den Originalen, neu erschaffen hat, sowie die Architektin Carola Finger. |
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Dies wurde auf Facebook dokumentiert unter: Altes Stecknitzfahrer-Amtshaus (s.u) |
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nach der Renovierung 2017 |
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Dieses Haus liegt im Lübecker Viertel der Stecknitzfahrer unterhalb des Domes (sog. "Malerwinkel" an der Obertrave) :Das Viertel der Stecknitzfahrer gehört zu den malerischsten Teilen der Lübecker Altstadt. Hier sind die Straßen, die sich in leichter Biegung hoch zum Dom ziehen, besonders eng bebaut, die Häuser im Vergleich zum reichen Kaufmannsviertel kleiner, häufig traufenständig. Das Viertel der Stecknitzfahrer unterhalb des weiten Domviertels, ist auch das Viertel der Gänge, die entstanden, als Wohnraum in der mittelalterlichen Stadt knapp wurde. Aus Platzmangel wurden die Hinterhöfe mit einfachen Buden eng bebaut. Erreichbar waren sie durch niedrige Gänge die oft nachträglich im Vorderhaus angelegt wurden.
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Die Amtswoche
Von diesem Zeitpunkt [1630] an gab es das „Amt der Stecknitzfahrer". Die in der Rolle festgelegten Regeln besagten u.a., dass die Stecknitzfahrer Lübecker Bürger und dem meist für ein Jahr von allen Amtsbrüdern gewählten Ältesten Gehorsam schuldig waren. Die Wahl bedurfte der Zustimmung der `Wette` . Der Ältermann hatte dafür zu sorgen, dass im Amt Ordnung herrschte und den Salzherren Gehorsam geleistet wurde. Bei kleineren Vergehen konnte er Strafen auferlegen, bei größeren sollte er die Wette informieren. Aber auch Sonderrechte hatten die Ältesten. So durften sie auf ihren Schiffen Bier mitführen, während die Stecknitzfahrer es an den Schleusen kaufen mussten.
Verhandelt wurden solche Dinge in der „Amtswoche". Im Winter, wenn die Schifffahrt ruhte, versammelte man sich am Montag nach dein Tag der Heiligen Drei Könige [Januar] im Amtshaus. Kein Amtsbruder durfte unentschuldigt fehlen. Alles, was im Laufe des Jahres vorgefallen war, kam zur Sprache. Ein wichtiger Punkt in den Verhandlungen war, weil er Geld in die Amtskasse brachte, die Verhängung von Strafen. Dazu bedurfte es eines detaillierten Regelwerks.
Hier einige der Zunftregeln von 1636
- Stecknitzfahrer sind Lübecker Bürger
- Jeder ist dem Ältermann Gehorsam schuldig
- alle Zusammenkünfte bedürfen der Zustimmung der Ältesten
- Beschwerden sind nur dem Ältermann vorzulegen
- Die Stecknitzfahrer sollen mit ihrem Lohn zufrieden sein.
- Sie sollen die Schiffsladung gut behandeln und sin für Verluste haftbar
- Sie müssen jede Ladung annehmen
- Sie müssen die Schleusenordnung beachten
- Der Ältermann der Stecknitzfahrer [Amtszeit : 1 Jahr und länger] muss vor der `Wette` [vergleichbar mit der heutigen Industrie- und Handelskammer] einen Eid leisten, dass er das Amt in Gehorsam gegen ihre [Salz-] Herren halten will.
- Er kann bei kleinen Vergehen Strafen verhängen
- Der Ältermann hat bei Ausscheiden eines Stecknitzfahrers für einen neuen zu sorgen oder, wenn keiner zu beschaffen ist, die freien Schiffe unter die anderen zu verteilen.
- ein neu eintretender Knecht hat sich beim Ältermann zu melden, sich bei der Wette einschreiben lassen und 4 Schilling zu bezahlen, ehe er zur Fahrt zugelassen wird.
- Jeder neu Eingetretene hat zur Erhaltung der Leuchter in den Kirchen und zur Notdurft der Bruderschaft 20 Mark lübsch, "Ausheimische" 30 Mark lübsch, an Eintrittsgeld zu entrichten.
Bei der Aufnahme eines Schiffers in ihren Kreis sind die Stecknitzfahrer sehr wählerisch: erst werden die eigenen Söhne eingeführt dann "Auswärtige"
Es ist verständlich, dass die ganze Woche draufging, wenn [so] viele Dinge verhandelt und zu Protokoll gegeben werden mussten. Ein 1808 begonnenes Amtsbuch ist noch vorhanden und gibt
Aufschluss. Auf der ersten Seite heißt es:
"Anno 1808 d. 11 ten Jannyar
ist dieses Buch angefangen
Gehöret an das
Amt der Stecknitzfahrer.
Sind Elteßen
gewesen
Hans Nicolaus Bruhns
Hans Adolhf Stühff
Andreas Michael Stalbom
und amten Schreyber gewesen
Jürgen Arend Jennerich"
Das alljährliche Protokoll beginnt bis zum Jahre 1815 wie immer mit den Worten: .ln Gottes Nahmen fangen Wir unser Amt zu halten an, Gott gebe seinen Seegen dazu dass Wir in Seegen und Frieden und Einigkeit es Volbringen." Die festlich gekleideten Amtsbrüder dürfen nicht unentschuldigt fehlen, ansonsten muss er Strafe zahlen.Es folgen die Namen sämtlicher Amtsbrüder mit den von ihnen gezahlten Jahresbeiträgen von je 3 Mark. Die Älterleute und die Schaffer sind beitragsfrei, die Witwen, sofern sie noch fahrende Schiffe haben, zahlen die Hälfte. Es folgen dann die sonstigen Einnahmen. Dazu gehört auch, dass 1841 der Amtsbruder Christian Bruhns 11 Mark und 10 Schillinge an die Amtskasse zahlen musste „für die Beywohnung seiner Frau vor der Heyrath".
Auch die Ausgaben sind sorgfältig verzeichnet. Zur Instandhaltung des Kanals wird kräftig beigesteuert. die Kirchen werden bedacht, und ihre Armenkasse muss auch wieder aufgefüllt werden. Meistens gleichen Ein- und Ausgaben sich aus. (Walter Müller : Die Stecknitzfahrt)
Streitkeiten
Streitigkeiten, Beschwerden und andere wichtige Dinge werden hier entschieden. Klagen der Amtsbrüder untereinander werden vorgebracht oder auch Unstimmigkeiten mit den Schleusenmeistern. Strafgelder werden fällig wenn Zunftvorschriften verletzt werden: Belädt ein Schiffer sein Schiff über den Pegel bringt ihm das Geldwertvorteil, er riskiert aber auf Grund zu laufen und die Fahrt der anderen Schiffe zu behindern. Überfracht ist eine stete Einnahmequelle für die Bruderschaft , im Durchschnitt 100 Mark lübsch pro Jahr.Auch bestraft wird derjenige, der sich den üblichen Zöllen entzieht.
Salzherren
Diese Gelder benötigte man, um die nicht unerheblichen laufenden Kosten zu begleichen, die nicht von Salzherren beglichen wurden. Salzherren sind reiche Lübecker Kaufleute und "Spediteure", sie ließen auch die Stecknitzschiffe bauen - es gab zwei "Werften" am Holstentor; sie "verleasten" dann die Schiffe an die Stecknitzfahrer, was zur deren Abhängigkeit führte zumal sie ihren Lohn für den Transport ebenfalls von den Salzherren erhielten. Diesen konnten sie durch begrenzten Eigentransport [Brennholz] aufbesseren) Man hatte zwar das Transportmonopol, aber war von den Salzherren abhängig, die auch alle Verträge mit der Obrigkeit abschlossen.
Kosten
Große Kosten entstanden z.B., wenn eine Schleuse umgebaut wurde (die zwei Hahneburger Schleusen wurden zu Kammerschleusen umgewandelt), da mussten die Amtsbrüder in die Kasse greifen, genauso für die Instandhaltung des Kanals (Ausbaggern und Entkrauten [[die Streuche stechen"] Auch die Schleusenmeister erhielten eine jährliche Gratifikation für die Reparaturen und Instandhaltung der Schleusen. Die Linienzieher aus Krummesse und Berkenthin mussten ebenfalls entlohnt werden. Das Amtshaus musste unterhalten werden. Auch die "Wette" [Hafenbehörde] erhielt jährlich 12 lübsche Mark. Die Armenkasse für Witwen und Waisen muss bestückt werden und die Kosten für die abschließende Kringelhöge war ein nicht unerheblicher Posten [Braunbier, Taback, Pfeifen, Brezeln für die singenden Waisenkinder, Beheizung des Saales während der Amtswoche] Auch die sieben Kanalkirchen und der Dom erhielten Zuwendungen [Gestühlmiete, Kerzen- und Friedhofsgeld und Heizungskosten]
Heirat
Will ein Schiffer heiraten, so bittet er das Amt um Zustimmung. Ist die Braut genehm, erhält er sofortige Zustimmung. Es kommt aber auch vor, dass man mit der geplanten Heirat nicht einverstanden ist, "weil die Braut einen Flecken auf der Ehre hat" oder sie nicht häuslich oder ordentlich genug ist. Dann kommt es zu heftigen Wortgefechten. Gern gesehen wird, wenn die Töchter von Amtsbrüdern geheiratet werden. Bestraft wird auch dabei die Verletzung der Moral "wegen Beywohnung seiner Frau vor der Hochzeit".
Flussschiffer
Das (angemaßte) Recht der Lübecker Salzfuhr, die schon seit langer Zeit hauptsächlich Kaufmannsgüter verfrachtete, auf alleinige Nutzung des Stecknitzkanals, ließ sich im 19. Jahrhundert nicht mehr halten. Im ganzen Deutschen Reich wurden die Privilegien einzelner Gruppen allmählich abgebaut. Mit Wirkung vom 1. Januar 1845 wurde durch ein Dekret der Lübecker Regierung sowohl die Innung der Salzfuhr als auch die der Stecknitzfahrer aufgehoben. Ab sofort konnte jedermann Schiffe besitzen und, wenn er im Besitz eines gültigen Patentes war, den Stecknitzkanal befahren.
Das „Amt der Stecknitzfahrer" gab es also fortan nicht mehr. Die in Jahrhunderten zusammen gewachsenen Schiffer ließen sich aber nicht zersplittern. Zwar wurde das Amtshaus verkauft, weiterer Besitz und weiteres Amtsvermögen wurde unter ihnen aufgeteilt. Doch auch danach hielt man weiterhin fest zusammen.
Nach der Auflösung des "Amtes der Stecknitzfahrer" im Jahre 1845 ausgestelltes Schifferpatent |
Mit finanzieller Hilfe der Stadt können sich nunmehr die Schiffer eigene, größere Schiffe bauen, mit denen sie auch die Elbe befahren. Sie sind jetzt Flussschiffer und gründen 1854 einen Verein. Das Vereinsleben verläuft in den gleichen Bahnen wie einst das Amtsleben. Auch jetzt noch kommen Neuaufnahmen fast nur aus den Reihen der eigenen Familien in Betracht.! Dieser fast familiäre Kreis der Lübecker Flussschiffer (heute sagt man Binnenschiffer) hat sich bis heute erhalten. Die Tradition des alljährlichen Festes der Kringelhöge wird immer noch aufrechterhalten. [Walter Müller: Die Stecknitzfahrt]