Die Gemeinde Rondeshagen im Kreis Herzogtum Lauenburg
Ella Thorn und Günther Wulf erzählen...
Gespräch am 26.10.2006
    
Hof von Ella Thorn und Günther Wulf im Jahre 2006

Ella Erna Anne Martha Thorn wurde am 19.06.1934 in Rondeshagen auf dem Hof Thorn an der Dorfstraße geboren. Ihre Mutter Ella (13.12.1901) war eine geborene Jürs aus Göldenitz (Martha Paetaus Großvater und Ellas Großvater waren Brüder) Ihr Vater hieß Hans Thorn (25.07.1900). Ihre Eltern heirateten 1930, bemerkenswert für damalige Zeiten war das Geburtsjahr ihrer Schwester Gerda.: 1929 (Bild links : Ella mit 3 Jahren und ihrer großen Schwester). Ihre jüngste Schwester Magda erblickte das Licht der Welt am 12.04.1939

Mitte/Ende der 30er Jahre wurde Ella wie viele andere Kinder in Rondeshagen sehr krank, es grassierte eine regelrechte Epidemie mit Scharlach und Diphtherie

Ella T. besuchte die Rondehagener Schule von 1940-49, sie war einer der ersten Jahrgänge mit 9 Schulbesuchsjahren. Konfirmiert wurde sie jedoch 1948. Nach der Schulentlassung begann der Ernst des Lebens: Arbeit auf dem Hof.

Aus ihrer Schulzeit erinnert Ella T. Folgendes:
Lehrer Heese erschien häufig zum Unterricht in kurzen Hosen und Holzpantinen. Wenn er sich mit Lehrern der anderen Dorfschulen außerhalb zu einer Konferenz traf, „lieh“ er sich das Fahrrad von Vater Hans T., häufig allerdings ohne vorher um Erlaubnis zu fragen. Hans Thorn kommentierte dies einmal bärbeißig „Frunslüt und und Fahrrad leih ich nicht gern ut“. Lehrer Heese war in der schlechten Nachkriegszeit häufig mal bei Thorns zu Gast zum Kaffetrinken, besonders, wenn gerade geschlachtet worden war….

Sportunterricht fand auf der sandigen Dorfstraße und dem Dorfanger (Brink) statt, es wurde u.a. Völkerball und Schlagball gespielt. Gingen bei den ledernen Schlagbällen mal die Nähte kaputt, so wurden immer 2 Schüler zu Fuß nach Berkenthin zum Sattler zwecks Reparatur geschickt. Da dies während der Unterrichtszeit geschah, war diese Fußwanderung immer ein begehrter Job. (Bild : Schüler-Jahrgang 1948)

Der Unterricht fand im großen Klassenzimmer statt, immer 4 Schüler saßen auf einer Bank. Schüler mit Wissenslücken erhielten dann immer Nachhilfe von den älteren. 1949 erfolgte der Unterricht aufgrund der hohen Schülerzahl sogar in drei Schichten, eine davon fand nachmittags statt, was nicht beliebet war: der Tag war hin. Gestraft wurde z. T. heftig, meistens mit dem Rohrstock auf Finger und Gesäß. Die Fenster zur Dorfstraße waren mit Kalk von innen blind gemacht worden, damit die Kinners nicht abgelenkt werden konnten. Eine Uhr hatte keiner, aber wenn draußen die Fahrgeräusche der Kutsche aus Groß Weeden zu hören waren, dann wussten alle : Lina von Krogh wird abgeholt = Schulschluss. Allerdings nahm der Kutscher selten die anderen Schulkinder aus Gr. Weeden mit; die durften bei Wind und Wetter den unbefestigten, häufig schlammigen Weg in Gummistiefeln nach Haus laufen. Manchmal erbarmt er sich und dann ging ein großes Gerangel um die wenigen Sitzplätze los; die nicht so Glücklichen hängten sich dann hinten an den Wagen, der sich dann stark neigte.

Lehrerin Thea Voß hatte 4 Kinder und wohnte mit ihrer Familie im Schulhaus. In den Pausen wickelte sie immer die beiden jüngsten. Schüler mussten in diesen Zeiten häufig Dienste für ihre Lehrer leisten wie z.B. die Kloeimer hinaus tragen und entleeren, Pferdegeschirr putzen oder Gemüse, Obst und Beeren ernten.

Der Konfirmandenunterricht bei Pastor Blunk   fand in der Berkenthiner Kirche statt. Einmal verspätete er sich und Walter Hack aus Berkenthin kletterte auf die Kanzel und karikierte den Pastor und sein Predigtverhalten. Pastor Blunk kam unbemerkt herein und ließ ihn zuerst gewähren. Dann setze es ein großes Donnerwetter, dem schreckensbleiche Walter H., der mit einem Riesensatz von der Kanzel herunter sprang, bewarf er mit Bibeln.

Aus der Kriegszeit erinnert Ella Thorn, dass ein verletzter englischer Pilot 1944 mit dem Fallschirm auf dem Gebiet des „Ziegenredders“ landete, dort gefangen genommen und ins Krankenhaus gebracht wurde.  Wenn die englischen Bomber über Rondeshagen Richtung Hamburg flogen, traute sich niemand aus dem Haus: Fliegeralarm. Eine englische Maschine stürzte auch in den Wiesen unterhalb des „Schlagredders“ ab.

 
 
 
zwei mal der Hof der Familie Thorn Anfang der 1940er
 
    
 
mit drei Arbeitspferden
 
 
 
 
Der alte Schweinestall
 
    
 
Der Thornsche Hof (rechts) mit Scheune (links)
 
    
 
rückwärtige Ansicht des Hofes
 
  
 
rückwärtige Ansicht mit dem Teich - und - die Vorderansicht in den 1940er Jahren
 

Ellas Vater wurde trotz seines Alters (43) 1943 nochmals Soldat (den I. Weltkrieg hatte er noch als 17-Jähriger Soldat miterlebt). Dies schrieb er selbst seinem aufmüpfigen Verhalten gegenüber dem damaligen Ortsgruppenleiter Kahns zu: Wenn dieser ihn mit „Heil Hitler“ grüßte beantworte er dies regelmäßig mit „Klei mi an Mors!"

 

 

Hans Thorn als Soldat im Jahr 1917

 

Hans Thorn im Jahr 1943, er erlebt und überlebt seinen zweiten Krieg

Während des Krieges gab es wie auf allen anderen Rondeshagener Höfen französische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen („Arbeitsmaiden“ aus der Tschechoslowakei , die in einem blauen Kittel mit Schürze und einer großen Erkennunsbrosche gekleidet waren). Die Männer wohnten im Schünemannschen Saal an der Schmiede, die Frau in Berkenthin (Nach Rondeshagen kamen sie jeden Tag zu Fuß.) Die Anzahl der Zwangsarbeiter betrug um die 40. Diese durften maximal 4 Wochen auf einer Hofstelle verweilen, dann wurde getauscht. Zweck des ganzen war, dass keine Gewöhnung und persönliche Zuneigung oder Mitleid  sich aufbauen konnte (Fraternisierung).

Nach Beendigung der Schule ging Ella T. in Stellung auf der Rondeshagener Hofstelle von Hans und Ella Dührkopp. Dies währte nur ein halbes Jahr , Ella fühlte sich dort nicht wohl und hatte Heimweh nach dem elterlichen Zuhause.

  Ella Thorn 1958 mit dem Baby von Freunden

Wer in dieser Zeit krank wurde, musste wie Ella T. zur Behandlung ins Lübecker Krankenhaus. Busse oder Bahn fuhren damals noch nicht wieder. Einzige Möglichkeit dorthin zu gelangen, war die Fahrt mit dem Kanalschiff „Zander“. Unterhalb von Rondeshagen gab es sogar eine Anlegestelle; die Fahrt plus Aufenthalt in Lübeck dauerte von morgens um 7.00 bis abends 19.00 Uhr.

Auf dem Hof gab es bis 1962 für die Feldarbeit nur Pferde, insgesamt drei. Ellas Vater handelte und tauschte gerne Pferde, sodass sich immer wieder neue auf den Hof kamen; allerdings waren es nicht immer die friedlichsten; manche bissen und schlugen um sich und wurden dann wieder weiter verkauft bzw. getauscht. (Bild links 1948)

 

 

Zu dieser Zeit arbeitete der Rondeshagener Günther Wulf  (Jahrgang 1942) bereits auf dem Hof und machte sich nicht nur bei der Arbeit nützlich. Außerdem existierte auf dem Hof noch ein so genannter „Junger Mann“, Karl Masalski. („Arbeitsmann“ war man erst, wenn man geheiratet hatte und nicht mehr auf der Hofstelle in Kost und Logis war). Bild links : Hans T. 1946 beim Pflügen

Als Ellas Vater 1965 starb (die Mutter 1991) übernahm Ella die Hofstelle zusammen mit Günther Wulf. Die beiden wurden ein Paar. Geheiratet haben sie allerdings erst mal nicht aus Erb- und Pachtgründen. Später blieb das auch weiterhin so: Ella Thorn „Tja, so ist das: 44 Jahre zusammen und immer noch nicht geheiratet“. Mit 58 ging Ella Thorn dann aus gesundheitlichen Gründen offiziell in Rente, aber den Hof betrieben beide bis 2006 weiter. 2007 wurde dann das Land veräußert. Übrig bleibt die eigentliche Hofstelle.

 

 
die beiden Hilghlander-Rinder sind nur lanwirtschafliches Hobby auf der angrenzenden Hauskoppel
Ella Thorn und
Günther Wolf im Jahre 2006

Also damit hätte ja niemand nie nich gerechnet, iss aber wahr

Gut Ding will Weile haben, 50 Jahre....

   
Einige Bilder  
Hans Thorn bei der Heuernte 1957

Luftbild der Hofstelle aus dem Jahr 1956

Im Hintergrund der Teich auf dem Gebiet des Schlosses (ehemalige sehr tiefe Ton- / Mergelgrube)

Der Thornsche Hof Ende der 60erJahre

"Deernsmusik" im Saal der Schmiede (vorn rechts Günther Wulf)
Kinderfest
Kinderfest
Kinderfest
Kinderfest
Konfirmation

 

 

 

Schülerjahrgang 1948

 

 

 

 

 

 

Kinderfest 1935

 Der Thorn`sche Teich - er grenzt am hinteren Teil an die Hofstelle und gehört zum "Schloss". Früher war dies eine Ton- bzw Mergelgrube des Gutes, wo Material zum Brennen von Ziegeln auf der Rondeshagener Ziegelei entnommen wurde. Er ist über 4-5 Meter tief und hier soll ein Fuhrwerk mit Pferd und Kutscher einmal hinein gerutscht sein... Siehe auch das Luftbild der Hofstelle aus dem Jahr 1956 .(Bild oben) Damals hatte er eine größere Ausdehnung, aber der zufließende kleine Bach existiert nicht mehr)

 

 

 

 

 

"Thorn`s Teich" im Winter in den 1950er Jahren, ein schöner Platz zum Schlittschuhfahren und Eishockey-Spielen

 

 

 

 

 

Ella Thorn 2006, vor ihrer hochstämmigen Kürbispflanze