Die Gemeinde Rondeshagen
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Heye Laue erinnert sich an seine Jugendzeit in Groß Weeden

Heye Laue aus Bliestorf ist in Groß Weeden aufgewachsen und kann eine Menge an Fakten, Geschichten und Erinnerungen aus seiner Jugendzeit beisteuern. Er wurde am 26.06.1944 in Berlin geboren als Sohn des Herbert Laue (*1909) und seiner Frau Herta (*1916).

 

 
Heye Laue im August 2008
... als 6-8-Jähriger in Groß Weeden

Sein Vater war seit 1935 Berufssoldat und Offizier im Reichsluftfahrtministerium. Als die Lage 1944 durch die permanenten Luftangriffe der Alliierten für die Familie lebensgefährlich wurde, floh Mutter Herta mit dem Säugling Heye und den beiden älteren Schwestern Bernhild und Elke in die Heimat ihres Mannes - aufs Gut Groß Weeden. Heyes Großvater Karl Laue war dort seit 1918 Gutsinspektor.

 
Verwalterhaus des Gutsinspektors in den 1930er
Heyes Großvater Karl Laue
 
 
Interieur des Verwalterhauses
 
 

Leider verstarb er im selben Jahr. Vater Herbert kam 1945 nach nur achtwöchiger Kriegsgefangenschaft ebenfalls nach Groß Weeden zurück und erhielt vom Besitzer des Gutes Bernhard von Krogh die Anstellung als "Rendant" (Gutsekretär, verantwortlich für jeglichen Schriftverkehr der Verwaltung) bis zu seinem Tode 1974.

 
Vater Herbert bei der Arbeit als Rendant
  Mutter mit Töchtern Bernhild & Elke

Heye Laue hatte eine unbeschwerte Jugend auf Groß Weeden, besuchte die Volksschule in Düchelsdorf, eine Dependance der Rondeshagener Schule und anschließend die Lauenburgische Gelehrtenschule in Ratzburg. In seiner Kinderzeit sprach Heye Laue mit den Dorfkindern und Gutsarbeitern stets Plattdeutsch, was von seinen Eltern nicht gern gesehen wurde, zuhause war strikt Hochdeutsch angesagt.

   
 
Wohnhaus der Familie Laue
 

Aufs Lehramt hat er dann von 1966-69 in Kiel studiert. Danach unterrichte er drei Jahre an der Dörfergemeinschaftsschule in Berkenthin, studierte erneut 1972-73 um Realschullehrer in Lübeck zu werden. Nach seiner Heirat zog er mit seiner Frau Anke nach Bliestorf 1971 ins eigene Haus. Seine Groß Weedener Zeit war damit endgültig beendet. Das Ehepaar hat eine erwachsene Tochter.

Eigentümer des Gutes waren zu der Zeit Bernhard von Krogh. Heye Laue beschreibt ihn als feinsinnigen Menschen, der den Gutsbetrieb weitgehend seinem Verwalter anvertraute. Seine besondere Liebe galt der Musik, er war ein überaus begabter Klavierspieler. Seine Frau Annelis war sehr beliebt und freundlich zu jedermann. Die Gutsarbeiter und -bediensteten zogen vor dem Besitzerehepaar stets den Hut oder die bäuerliche Arbeitsmütze als Ehrenbezeugung.

   
 
Herrenhaus der Familie von Krogh, Parkansicht mit Gutssee
 

Über seine Zeit auf Gut und Dorf Groß Weeden weiß Heye Laue vielfältig zu berichten, so erinnert er eine Reihe von Gutsarbeitern und deren Beschäftigung.

Willi Otto war verantwortlich für die Getreidescheune und den "Kornboden"
Ernst Fritz war Schmied auf Goß Weeden. Er beschlug die Pferde, schärfte Pflugscharen in der Essenglut und bearbeitet sie auf dem riesigen Amboss. Auch reparierte er die eisernen Laufflächen der Holzräder an den Erntewagen und reparierte alles aus Metall
    
 
1930er Jahre : Gutsarbeiter bei der Getreideernte (Getreidehocken) im Hintergrund Erntewagen mit Pferden
 
   
 
Belegschaft des Gutes in den 1930er : Links vorn : Verwalter Karl Laue
 
 
Walter Lau war der Stellmacher ( Handwerker, der Räder, Wagen und andere landwirtschaftliche Geräte aus Holz herstellt. )
Der Melker hieß Torschweski, der mit seinen Söhnen Helmuth und Siegfried für die Milchkühe zuständig war
 
Der Maurer war Herr Gründer (von der Dorfjugend aus unerfindlichen Gründen "Struppi" genannt)
Herbert Neumann war Treckerfahrer, ebenso wie Karl Kreutzfeldt , Manfred Lindenberg, Heinz Delater und Wladislaw Lukascewski
 
Hans Sylvester war "Schweinemeister"
Der persönliche Diener von Bernhard von Krogh war Herr Achterberg
 
Die verantwortliche Frau für alles Hausgesinde war zu Heyes Laues Zeiten schon alt und gebeugt. Die Dorfkinder nannten sie despektierlich "Mumie". 1945 wird sie von Elko von Krogh wie folgt beschrieben : Was mich am meisten beeindruckte war der peinlich genau geführte Haushalt, dem eine "Mamsel" in Perfektion vorstand: Ihr hing eine große Menge an Schlüsseln am Gürtel herunter. Sie überwachte die zahlreiche Küchenmannschaft, die uns nicht nur mit köstlichen Mahlzeiten versorgte sondern auch fleissig eine ungeheure Menge von Früchten und Gemüse für den Winter vorbereitete und einweckte.
 
Eine Quelle benennt für das Jahr 1945/46 Friedrich Wilhelm Wodtke (* 26.07.1913, 06.12.1973 / promovierter Germanist und Schriftsteller) als Hauslehrer in Diensten von Bernhard von Krogh
 
Bernhard v. Krogh beschäftigte auch die eine oder andere persönliche Sekretärin, die dem Vernehmen nach immer von ihm selbst ausgesucht wurde und stets sehr hübsch war.........

Folgende immer wiederkehrende Ereignisse sind Heye Laue besonders im Gedächtnis:

Jeden Januar fand auf Gut Groß Weeden eine Treibjagd statt, zu der eine Reihe von Standesgenossen und befreundeter Jäger eingeladen wurden. Die Dorfkinder und Gutsbediensteten fungierten dabei als Treiber.

Im Oktober jeden Jahres wurde das Erntedankfest des Gutes gefeiert, das auf dem Kornboden des großen Getreidespeichers begangen wurde. Die gesamte Gutsbelegschaft mit ihren Ehhepartnern kam zusammen und führte ein Theaterstück, d.h. einen lustigen plattdeutschen Schwank auf. Dann wurde die mächtige Erntekrone an Bernhard von Krogh und den Gutsverwalter überreicht. Danach wurde gegessen und getrunken, was die Gutsküche hergab. Anschließend gab es "Danz op de Deel" bis in den frühen Morgen, wobei eine "Live-Band" von drei bis vier Musikern aufspielte.

   
 
Gebäude im Hintergrund : "Kornboden" , links mit Schornstein : die Schmiede; Gebäude rechts : der Schweinestall und der Pferdestall
 

Ein besonderes, stets gleichbleibendes Ritual war die Weihnachtsfeier für die Kinder und Jugendlichen des Dorfes im Herrenhaus; dafür gab es zwei "Veranstaltungen": eine Feier für die "Gutskinder" und eine für die "Ziegeleikinder". Es begann damit, dass gemeinsam Weihnachtslieder gesungen wurden. Dann lasen Bernhard und Annelis von Krogh abwechslend die Weihnachtsgeschichte vor. Erst dann gab es Kaffee, Kakao und Kuchen. Es folgten erneut Weihnachtslieder. Nun trat der Weihnachtsmann auf und beschenkte jedes Kind einzeln. Allerdings musste zuvor von jedem ein Weihnachtsgedicht aufgesagt werden; war dies "minderer Qualität", gab es einen mit der Rute, wie z.B. bei folgendem Beitrag "Lütte Knoken, grote Knoken - Wiehnachtsmann sien Büx ist open". Den Abschluss bildete stets das Weihnachtslied "O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit", was vom Hausherrn Bernhard v. Krogh auf dem Klavier begleitet wurde.

 

Das Gutsareal

   
 
Der Weg zum Kroghschen Waldfriedhof am Dorfeingang
 
   
  Der gleiche Weg : links eine Feldscheune, rechts die Düngerscheune  
   
 
Die Einfahrt zum Gutshof in den 1930er, im Hintergrund das Herrenhaus - die Eiche existiert nicht mehr
 
   
 
Der Kuhstall - im Hintergrund ein Windrad
 
   
 
Spielende Kinder vor dem Kuhstall
 
   
 
Kinder des Gutes auf der Wippe
 
 
 
 
Einspänner der Gutsbesitzer
 
   
 
Kutschfahrt von Groß Weeden nach Rondeshagen
 
   
 
Auf halbem Weg nach Rondeshagen liegt der Schäferkaten
 
   
 
Personen von links nach rechts : Tante von Heye Laue, Herr Pötsch, Leiter der Ziegelei vor dem II. Weltkrieg, seine Frau, Gutsverwalter Karl Laue, das Mädchen : Heye Laues Schwester Bernhild
 

 

Groß Weeden - ein Dorf rund ums Gut und die Ziegelei

Emil von Krogh hatte Gut Groß Weeden 1895 erworben. Seine Frau Emma war eine Bremer Bankierstochter, die anscheinend ein große Mitgift in die Ehe mit einbrachte. Kurz nach der Heirat baute Emil v. K. 1902 alle Arbeiterhäuser für die Belegschaft des Gutes und der Zieglei fast komplett neu. Alle heute existierenden Häuser Groß Weedens stammen im Prinzip aus dieser Zeit, auch wenn ihr Aussehen durch Umbauten z.T. stark verändert ist.

   
   
 
Arbeiterhäuser im Gutsweg
 

Die Ziegelei

Heye Laue konnte aus eigner Anschauung einiges zur Groß Wedener Ziegelei beisteuern, hat er doch als Student in den Semesterfereien sich im Sommer auf dem Gut und im Winter in der Ziegelei ein gutes Taschengeld verdienen können.

   
 
Die Ziegelei aus Richtung Rondeshagen
 

Er arbeitete stets am großen Brennofen (Ringofen), der mit Koks befeuert wurde. Gewonnen wurde das Rohmaterial Ton in der sogenannten "Blauen Kuhle", die durch den Tonabbau immer tiefer ausgeschachtet wurde. Dies geschah mit Hilfe von zwei Spezialbaggern, einer stand in der Grube, der andere am Rand. Letzterer war ähnlich wie beim Braunkohleabbau ein Bagger mit einem umlaufenden Kettenband mit kleinen Schaufeln. der den Ton nach oben förderte.

 
Kettenbagger wie er in Groß Weeden im Einsatz war
 
Feldbahnlok mit Dieselantrieb

Der nach oben beförderte Ton wurde in Loren der firmeneigenen Feldbahn abgekippt. Waren 8-10 Loren gefüllt zog die Diesellokomotive diese zum "Bunker" in einer der Hallen. Von da aus ging es zum "Koller", wo der Ton mit Wasser versetzt maschinell geschmeidig gewalzt wurde. Dann ging es zur "Presse", wo der Ton seine Form erhielt : Ziegel oder Tonröhre. Die Rohlinge wurde getrocknet und dann im Ringofen bei ca 1100 Grad mit Koks gebrannt. Ringöfen haben den Vorteil, das immer ein Teil der Charge entnommen, der Brennvorgang jedoch ohne Unterbrechung Tag und Nacht weiter durchgeführt werden kann. Nach dem Abkühlen wurde die fertigen Produkte vor den Hallen gelagert. Es waren immer 8-10 Arbeiterinnen, die dann die Tonröhren per Hand auf die abholenden LKWs luden.

   
 
Ziegelei - im Vordergrund die gestapelten Tonröhren
 

Auf der Ziegelei waren stets ca. 50-60 Arbeiter/innen beschäftigt, die aus Groß Weeden, Sierksrade, Düchelsdorf, Kastorf, Berkenthin und Göldenitz kamen. Eine Quelle über das Jahr 1900 berichtet über 55 Arbeiter auf der Ziegelei.

 
 

Vor dem 2. Weltkrieg kam der frisch abgebaute Ton nicht in den Bunker, sondern in sogenannte "Schlämmen", das waren Gevierte von 15x15 Meter mit einer Seitenwand von ca. 1 Meter Höhe. Der Ton wurde mit Wasser versetzt und mit den Füßen und Stampfern durchgemengt und geschmeidig gemacht.

Diese Schlämmen wurden nach dem Krieg von der Dorfjugend immer als Fußballspielfeld genutzt. Im Winter ließ der Betriebsführer der Ziegelei, Herr Frehse, diese halbhoch mit Wasser füllen, sodass schnell ein vereiste Fläche zum Schlittschuhlaufen und Eishockey für die Dorfbevölkerung entstand.

Die hinteren ausgebaggerten Tongruben Richtung Klein Weeden dienten Groß Weeden als Müllkippe. Die anderen waren durch Regenwasser voll gelaufen und Betriebsführer Frehse, ein begeisterter Angler, hatte Fische (Weißfische und Barsche) eingesetzt, die sich rasch in dem mit Schilf bewachsenden Teichen der "Blauen Kuhle" vermehrten und von ihm und der Groß Weedener Jugend geangelt wurden.